Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 


9                                   Die radioaktive Immission und die Strahlenbelastung


Wird Radioaktivität bei einem Störfall in einem Atomkraftwerk freigesetzt, dann zieht eine radioaktive Wolke in Windrichtung davon. Diese Wolke besteht mengenmäßig vor allem aus Jod 131 und Cäsium 134 und 137. Jod 131 hat eine Halbwertszeit von 8 Tagen, d.h. es zerfällt rasant und erzeugt dabei jede Menge Strahlung. Aber schon nach ein paar Wochen ist es weitgehend zerfallen. Cäsium 134  hat eine Halbwertszeit von 2 Jahren und Cäsium 137 von 30 Jahren. Es zerfällt also langsamer und sorgt für einen relativ konstanten Strahlungspegel.

Anfangs sah es so aus, als hätten die Japaner großes Glück: mit konstanten Westwinden zogen die radioaktiven Emissionen aufs Meer hinaus und da der Pazifik riesengroß ist, drohte auch keine allzu große Verseuchung. Dann wendet sich das Blatt: Am 15.März zog eine radioaktive Wolke Richtung Fukushima Stadt und am 21. März eine zweite in Richtung Ibaraki Stadt.

Das Bild zeigt die allererste flächendeckende Messung des Strahlungspegel und man sieht, dass zu diesem Zeitpunkt, die Kontamination durch die zweite Wolke am 19.März noch nicht erfolgt ist.

k8-bild4

 

 

In jedem Lehrbuch der Reaktorsicherheit steht, dass radioaktives Material den Menschen auf fünf verschiedene Arten schädigen kann:
1.    Cloud shine = Direkte Bestrahlung durch die radioaktive Wolke, davor kann man sich in Häuser schützen, vor allem in einem Keller aus Beton. Am besten aber: Rechzeitige Evakuierung
2.    Ground shine = Direkte Bestrahlung durch Material, das sich am Boden befindet. Davor kann man sich nicht schützen, außer Evakuierung
3.    Inhalation = Aufnah
me durch Einatmen, davor schützt die Atemmaske, also keine Dauerlösung
4.    Ingestion = Aufnah
me mit der Nahrung, davor schützt "nichts essen", also auch keine Dauerlösung, und ganz wichtig keine radioaktiv belastete Nahrung essen, wenn man sich außerhalb der Gefahrenzone befindet.
5.    Oberflächliche Kontamination, davor schützt die Schutzkleidung, sonst gilt Kleidung wechseln und duschen.

 


Von den beiden erwähnten Isotopen kann man sich gut gegen Jod schützen, indem man rechtzeitig Jodtabletten einnimmt. Diese blockieren die Jod-Aufnah
me in den Körper. Jod sammelt sich in der Schilddrüse, die Folge ist dann Schilddrüsenkrebs. Leider reagierte die japanische Regierung zu zögerlich. Erst am 21. März, also 6 Tage nach der großen radioaktiven Wolke ordnete sie die Einnahme von Jodtabletten für alle Anwohner in 50 km Umkreis an.

 

Die radioaktive Wolke, die bei einem Störfall mit massiver Freisetzung von Radioaktivität entsteht, unterscheidet sich nicht von einer Rauchwolke bei einem Großbrand. Sie zieht in Windrichtung und mischt sich dabei mit der Luft und wird dadurch verdünnt. So nimmt ihre Konzentration ab. Gleichzeitig fällt ein Teil der Radioaktivität zu Boden und kontaminiert den Boden. Die Strahlenbelastung ist beim Durchzug der Wolke am höchsten und es ist deshalb unbedingt erforderlich, während des Durchzugs der Wolke kurz nach dem Störfall in geschlossenen Räumen zu bleiben.

 

Falls es regnet, werden die radioaktiven Atome regelrecht ausgewaschen und der Boden wird viel stärker verseucht als ohne Regen. Das Ergebnis dieser Prozesse ist also keine gleichmäßige Verteilung um das Kraftwerk herum sondern ein ungleichmäßiger Flickenteppich. Gebiete in größerer Entfernung können viel schwerer getroffen werden als Gebiete direkt am Kraftwerk.

 

Das Bild zeigt den zeitlichen Verlauf der gemessenen Strahlungspegel in Städten in 80 km Umkreis um die Anlage.

k8-bild1

 

 
Die beiden schon erwähnten radioaktiven Wolken vom 15. März und vom 21. März sind mit gestrichelten orange Pfeilen eingezeichnet.
Die japanische Regierung tat in den ersten Tagen alles, um das Ausmaß der Katastrophe zu verheimlichen und fing erst recht spät an, systematische Messungen zu veröffentlichen. Als die ersten Informationen über verseuchte Nahrungsmittel aufka
men, versuchte sie noch die Bevölkerung mit törichten Aktionen für dumm zu verkaufen. Das Bild mit Kabinettschef Edano, der angeblich eine Tomate aus der verseuchten Ernte in Fukushima isst, ging um die Welt.

k8-bild2

 

Erst Anfang Mai gab es die ersten zuverlässigen flächendeckenden Messungen von MEXT, die die Strahlenpegel in der näheren Umgebung der Anlage zeigen. Die Messungen zeigen, dass die höchsten Strahlungspegel nicht mit den Evakuierungszonen übereinstimmen und auch außerhalb der 20 km Zone Gebiete liegen, die evakuiert werden sollten. Spätestens jetzt hätte man die Evakuierungszone anpassen müssen, was aber nicht erfolgte.

k8-bild5

 

Als Faustformel gilt, dass in einem Abstand von 20 oder 30 Kilometern nach Durchzug der Wolke keine erhebliche Gefahr mehr besteht. Man kann sich dort kurzfristig aufhalten, ohne Gesundheitsschäden befürchten zu müssen, aber man kann dort nicht mehr dauerhaft leben, da sich die Belastung mit der Zeit aufsummiert. Der Schadensmechanismus der niedrigen Strahlung besteht darin, dass die Belastung direkt von der Zeitdauer, der man der Strahlung ausgesetzt ist, abhängt. Wer sich ein Jahr lang an so einem Ort aufhält, erleidet eine Belastung, die 365-mal so groß ist, als wenn er sich nur einen Tag dort aufhält.  Ein Tag macht noch keinen Schaden aber ein Jahr oder 10 Jahre sehr wohl.

 

Die Karte zeigt, dass sich die nennenswerte Strahlenbelastung in Japan auf die Umgebung des Kraftwerks bis 80 km beschränkt, aber dort sehr ungleichmäßig verteilt ist. Insbesondere wurde das Gebiet in Richtung Fukushima City stärker belastet. In Richtung Tokio dagegen und für Tokio selber ist keine nennenswerte Belastung vorhanden (hell und dunkel blau).

 

Um aus den Messwerten in der MEXT Karte die Jahreswerte zu ermitteln, muss man die Messwerte in [mikro Sv/h] mit 8.4 multiplizieren um die Jahresdosis in [mSv/y] zu erhalten. Der Spitzenwert beträgt ca. 60 mSv/y und der deutsche Grenzwert liegt bei 100 mSv/y. Ab 100 mSv/y muss in Deutschland abgesiedelt werden. Aufgrund dieser Werte ist die Strahlenbelastung in einigen Städten außerhalb der Evakuierungszone, dazu gehört auch Fukushima City.

 

Wegen der starken Schwankung der Strahlenbelastung innerhalb weniger Meter, kann nur eine direkte Messung am Menschen ermitteln, wie hoch seine individuelle Belastung ist. Deshalb wurden an die 380.000 Schüler in der Präfektur Fukushima sollen Ende Juni Dosimeter ausgegeben. Diese könne natürlich nicht die bis dahin erfolgte Belastung ermitteln. Dosimeter bieten keinen Schutz vor der radioaktiven Strahlung, sondern sie erfassen die Strahlungsmenge, die man abbekommen hat. Das macht im beruflichen Einsatz Sinn, da Mitarbeiter, deren Belastung sich den Grenzwerten nähert, nicht mehr eingesetzt werden. Aber was wollen die Behörden mit Einwohnern machen, deren Belastungswerte sich den Grenzwerten nähern? Das Ganze war und ist eine reine psychologische Maßnahme, die vor allem den Herstellern der Dosimeter nutzt.

 

Zu den wichtigsten Maßnahmen der Schadensbegrenzung nach einem schweren Störfall gehört die flächendeckende Erfassung der radioaktivem Kontamination des gesamten Lande, um sicher zustellen, dass nicht in weiter abgelegenen Gebiete auch massive radioaktive Niederschläge erfolgten. Es dauerte jedoch über ein halbes Jahr, bis MEXT alle Gebiete ausgemessen hatte, die nennenswert mit Cäsium aus dem Störfall belastet sind. Die Karte zeigt die Werte von.

k8-bild3

 

Zu diesem Zeitpunkt ist das Jod schon weitgehend zerfallen. Außer Jod und Cäsium kann die radioaktive Wolke auch weitere Spaltprodukte enthalten, je nachdem was bei der Emission freigesetzt wurde. Diese Spaltprodukte sind mengenmäßig sehr viel geringer aber können aufgrund ihrer biologischen Wirksamkeit große Probleme darstellen, z.B. Plutonium. Danach wurde auch gesucht, aber es wurden nur so geringe Mengen gefunden, die aus Sicht des Strahlenschutzes kein Problem darstellen.

 

Schon Ende März wurden die ersten radioaktiv verseuchten Lebensmittel entdeckt und auch Verkaufsverbote ausgesprochen. Das ging - wie auch alle anderen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung, die die japanische Regierung ohne Verzug sofort hätte ergreifen müssen - sehr schleppend und es wurde immer erst gehandelt, wenn nichts mehr zu verheimlichen oder zu vertuschen war. Ein vorbeugendes Handeln, was zur Schadensbegrenzung unabdingbar ist, gab es nicht.

 

Nach und nach wurden immer mehr belastete Lebensmittel entdeckt und erst dann hat die japanische Regierung mit Handelsbeschränkungen reagiert. Erst seit Ende 2011 betreibt die japanische Regierung eine aktive vorbeugende Politik und hat mittlerweile die Grenzwerte drastisch herabgesetzt.

 


Ab 1. April 2012 gelten in Japan neue, vorbildlich niedrige Grenzwerte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln:
100 Bq/kg Cäsium für normale Lebensmittel wie Fleisch, fisch und Gemüse
50 Bq/kg für Milch und Säuglingsnahrung
10 Bq/kg für Trinkwasser

 


Ganz anders in der EU und Deutschland:
Für Lebensmittel und Lebensmittelimporte gelten für Cäsium-134 und Cäsium-137 üblicherweise Höchstwerte von 370 Becquerel/Kilogramm für Säuglingsnahrung und Milchprodukte sowie von 600 Becquerel/Kilogramm für andere Nahrungsmittel (EU-Verordnung 733/2008).
Mit der nach Fukushima erlassenen Eilverordnung 297/2011 hat die Europäische Kommission die Grenzwerte für Produkte aus den betroffenen japanischen Regionen auf 400 Becquerel/Kilogramm für Säuglingsnahrung, auf 1000 Becquerel/Kilogramm für Milchprodukte und auf 1250 Becquerel/Kilogramm für andere Nahrungsmittel heraufgesetzt.


 

next

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 digimouz

Digitize your plot on paper with your mouse!


nhk

 Japanischer Fernsehsender NHK auf ASTRA, Kanal 787 



cover

http://www.amazon.de/Nuclear-Safety-Light-Water-Reactors/dp/0123884462/ref=sr_1_sc_1?ie=UTF8&;qid=1336588255&sr=8-1-spell

 


Petition
Abschaffung der GEZ
Keine Zwangsfinazierung

https://www.openpetition.de/petition/online/abschaffung-der-gez-keine-zwangsfinanzierung-von-medienkonzernen